Hindernisse für den Einsatz von Interim-Managern – aus der Sicht des Personalers

von Astrid Stuhlmann

Vor dem ersten Einsatztag eines Interim-Managers steht ein Hindernis-Parcours mit den unterschiedlichsten Grabenbreiten und Balkenhöhen. Allerdings gibt es dafür keine Normen. Die Eintrittsbarriere für Interim-Manager ist in jedes Unternehmen eine andere.

Die Personalabteilung wird bei der Entscheidung, ob und welcher Interim-Manager eingesetzt wird, oftmals nicht im gleichen Maß eingebunden, wie es bei einer Festanstellung wäre. Die üblichen Routinen werden umgangen: eine undankbare Position für den Personaler. Die Personalabteilung wird oft erst am Ende der Entscheidungskette eingeschaltet. Die Entscheidung, ob ein Interim-Manager beschäftigt wird oder nicht, fällt der Inhaber oder der Vorstand bzw. die Geschäftsführung. Im Internationalen Interim-Management ist die Anzahl der Entscheider höher als bei nationalen Einsätzen. Die Herausforderung besteht für den Personaler darin, vorauszuahnen wessen Meinung überwiegen wird.

Das Budget

Das fehlende Budget ist für den ungeplanten Einsatz eines Interim-Managers die größte Hürde. Die Mittel für geplante Projekte lassen sich im Personalbudget für das Folgejahr recht einfach einbauen. So sind z.B. Beratertage für SAP- Releasewechsel, Outsourcing der Entgeltabrechnung oder die Einführung einer HR-Imagekampagne Positionen, die in der jährlichen Budgetplanung vorausschauend berücksichtigt werden können.

Ein Interim-Manager kommt aber in der Regel ad-hoc zum Einsatz, wenn kurzfristig ein Bedarf bzw. eine „schmerzhafte Notwendigkeit“ entsteht: sei es, dass der aktuelle Stelleninhaber krankheitsbedingt ausfällt, eine bestehende Vakanz doch überbrückt werden muss oder die fachliche Kompetenz fehlt, ein akutes Problem zu lösen. Vielfach Situationen, die zum Zeitpunkt nach der Budgetverabschiedung auftreten und somit nicht vorhersehbar bzw. planbar gewesen waren.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, mit dieser Situation umzugehen:

  1. das Personalbudget überziehen: eine Entscheidung, die nur durch die Unternehmensleitung getroffen werden kann
  2. die auslösende Kostenstelle belasten: aber welche? Die Geschäftsführung? Den Unternehmensbereich? Die Auslandsgesellschaft? Die Kostenstellen-Verantwortlichen operativer Einheiten sehen zuerst die zusätzliche Belastung des Ergebnisses, an dem sie gemessen werden. Die Auslandsgesellschaften sind auf die Übernahme einer zusätzlichen Belastung nicht eingerichtet. Außerdem würden dort die Kosten des Interim-Managers am sichtbarsten, auch für die Mitarbeiter.
  3. das Budget nicht überziehen: entweder stirbt dafür ein anderes Projekt, oder der Interim-Manager wird mit Konditionen konfrontiert, die ihn traurig stimmen.

Die Interne Lösung

Die bevorzugte Lösung, meistens nachdem man eine Reihe von Interim-Managern gesehen oder kein Budget gefunden hat. Ernüchterung tritt ein. Die Situation wird neu überdacht. Die Personalabteilung wird aufgefordert, Vorschläge für eine interne Lösung zu machen, und gelegentlich leben frühere Vorschläge nun wieder auf. Die „interne Lösung“ muss nicht schlecht sein. Schade nur, wenn man erst so spät auf diese Idee kommt. Es ist auch vorstellbar, daß manche Personalabteilung gezielt einen internen Gegenkandidaten aufbaut und die Interims-Lösung ins Abseits drängt, da sie im Vorfeld bei den Überlegungen übergangen wurden oder für ihren internen Kandidaten kämpfen.

Aussitzen

Wird immer wieder gern genommen. In der Fahrschule lernt man, dass das Lenkrad loslassen auch lenken ist. Nicht entscheiden ist eine zulässige Option, die den Entscheider allerdings in keinem guten Licht stehen lässt.

 

Das Image: Consultant oder Interim-Manager?

Noch immer unterscheiden viele Auftraggeber nicht zwischen Consultant und Interim-Manager. Das ist für das Interim-Management von Nachteil. Der „Consultant“ ist nicht überall gern gesehen, und das färbt auf den Interim-Manager ab. Das Berufsbild des Interim-Managers ist in den Köpfen vieler Entscheider noch immer zu verwaschen. Personaler haben sich mit Interim-Management schon aus beruflichen Gründen teilweise auseinander gesetzt und wissen meistens etwas damit anzufangen. Sie schlagen von sich aus durchaus bei passenden Situationen den Einsatz von Interim-Managern vor, prallen aber an der Unkenntnis der Entscheider ab. Dass in zwei Dritteln der deutschen Unternehmen keine Interim-Manager eingesetzt werden, liegt nicht immer an der Personalabteilung.

Vertraulichkeit und Geheimhaltung

Ein weiterer Hinderungsgrund ist die Befürchtung, dass sensible Informationen und Insiderwissen nach Draußen gelangen könnten und der Interim-Manager im Anschluss bei der Konkurrenz zum Einsatz kommt. Mir ist jedoch kein einziger Fall bekannt, in dem ein Interim-Manager gegen seine Geheimhaltungserklärung verstoßen hat.

Der Tagessatz

Bei Führungspositionen, bei denen es auf besondere Qualifikation und Persönlichkeit ankommt, ist der Tagessatz nicht entscheidend. Hier sind andere Attribute wichtiger.

Anders sieht es bei Interim-Einsätzen in der mittleren Ebene aus. Die Auswahl an Interim-Managern ist dort größer, und die fachliche Qualifikation wird stärker gewichtet als das Persönlichkeitsprofil. Das wirkt sich auf den Tagessatz unmittelbar aus.

Interim-Manager sind eine Investition. Ist der Anlass für den Einsatz eines Interim-Managers bedeutend und der Zeitkorridor eng, steht der Tagessatz den berühmten Opportunitätskosten gegenüber: was kostet es uns, wenn wir ihn nicht nehmen? Und oft genug stellt sich dann überraschend heraus, daß der Interim-Manager bei weitem die kostengünstigste Variante ist.

Trotzdem wird der Tagessatz mit dem Biss in den sauren Apfel gleichgestellt. Das sollte so nicht sein. Wenn man sich nicht über den Tagessatz einig wird, haben sich vielleicht beide Seiten im Wert des Auftrags geirrt. Das sollten Geschäftsführung und Personalabteilung vorher gemeinsam klären, bevor sie sich an einen Provider wenden. Nicht umsonst sollte die erste Frage lauten: haben wir ein Budget? Und wenn ja: in welcher Bandbreite darf sich der Tagessatz bewegen?

Der Provider

Es gibt sehr gute Provider, aber genauso viel weniger Gute. Inzwischen arbeiten aber nicht nur die größeren Unternehmen gleich mit mehreren Providern zusammen. Gegebenenfalls gibt es Einkaufsrichtlinien, nach denen mit mindestens drei Providern verhandelt werden muss, von denen jeder 2-3 Interim-Manager ins Rennen schickt. Das macht das Auswahlverfahren langsamer und den Auftraggeber nicht unbedingt klüger.

Die Personalabteilung übernimmt als letztes Glied in der Kette die Mittlerrolle und macht dabei die Erfahrung, dass nicht jeder Provider die gleiche Qualität an Profilen liefert, und auch nicht zu den gleichen AGB´s. Und nicht jeder Provider wird seine Kandidaten persönlich kennen und einschätzen können.

Auch solche Erfahrungswerte machen eine gute Personalarbeit aus. Im Idealfall stehen sich zwei Profis gegenüber, die miteinander umgehen können. Im ungünstigen Fall stehen sich der Provider des favorisierten Interim-Managers und die Einkaufsabteilung gegenüber, weil der eine die Einkaufsbedingungen und der andere dessen AGB´s nicht akzeptieren will.

Die Spezialisierung

Jedes Unternehmen hält sich für einzigartig. Je tiefer man in die Untiefen der Feinsegmentierung von Branchen vorstößt, desto mehr mag das zutreffen. In der Regel ist Fachwissen jedoch nicht das Problem,  sondern die Unkenntnis von Marktmechanismen in neuen Absatzmärkten oder Aufbau und Führung einer Niederlassung, die mehrere Zeitzonen entfernt ist. Dass der Interim-Manager Branchenkenntnisse mitbringen sollte, ist oft nur vorgeschoben.

Fazit

Die Personalabteilung ist nicht Partei. Sie ist nicht für oder gegen das Interim-Management, sondern für die Lösung, die für das Unternehmen die bessere ist. Und wenn es das Interim-Management ist, wird sie ihren Beitrag dazu leisten, dass Hemmnisse ausgeräumt werden. Wenn man sie lässt.

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