Interim Management in der Slowakei – Erfahrungsberichte

  • Slowakei
  • Erfahrungsbericht (1) von J.P.
  • Aufgabe: werksübergreifende Prozess-Optimierung
  • Funktion: Projektleiter
  • Dauer des Einsatzes: zwölf Monate
  • Ort: Bratislava
  • Branche: Automotive

Der Interim-Manager wurde von einem amerikanischen Automobilzulieferer beauftragt, die Prozesse zwischen den europäischen Werken und dem Shared Service Center – betrieben durch einen BPO Partner –  neu zu strukturieren.

Der Auftraggeber hatte sowohl SAP eingeführt und gleichzeitig sein Rechnungswesen ausgegliedert, was zu erheblichen Abweichungen bei der Bilanzierung führte.

Im ersten Schritt war der Interim-Manager als Leiter des Reconciliation Team mit 20 Mitarbeitern am Hauptsitz in Deutschland für die Abstimmung der Verbindlichkeiten gegenüber Dritte zuständig. Anschliessend ging er für ein Jahr zum BPO-Partner nach Prag in Tschechien, um dort die Prozesse zwischen Purchasing und Finance anzupassen und Fehlerquellen zu beseitigen.

Grund für die Beauftragung eines Interim-Managers war, die Prozessverantwortung nach Begradigung wieder in die eigene Verantwortung übernehmen zu wollen. Zudem war das gewünschte Know How in der eigenen Belegschaft durch Freisetzung des eigenen Personals nur noch begrenzt vorhanden. Die operative Überlastung der eigenen Mitarbeiter nach Verringerung des Personalbestandes an den deutschen Standorten unterstrich diese Entscheidung. Nach einjähriger Unterstützung war dennoch nur eine begrenzte Verbesserung eingetreten, was auf die Reibungsverluste zwischen dem Kunden und dem BPO Partner zurückzuführen waren.

Zudem wurde die Produktivität der Mitarbeiter in Osteuropa erheblich überschätzt. Eine internationale Studie eines namhaften Beratungsunternehmens hat die Produktivität zwischen Osteuropa und Deutschland im Verhältnis 1:3 bestätigt. Eine personalkostenseitige Einsparung kann somit berechtigt in Frage gestellt werden. Die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern in Prag und deutschen Kollegen war sehr freundschaftlich, entgegenkommend und kollegial.

Aufgrund der bereits bestehenden Engpässe bei einer Anzahl von 20 Werken, die man dem SSC bereits zur Bearbeitung zugeführt hat und einer Erweiterung der Beauftragung von weiteren 60 Werken entschied man sich, ein eigenes SSC in Bratislava (Slowakei) zu begründen.

Die Aufgabe des Interim-Managers bestand darin, die Werke in den Länder Frankreich, Slowakei und Tschechien für den „Roll in“ zum SSC in Bratislava verantwortlich vorzubereiten. Hierzu besuchte er die Werke vor Ort und trainierte die lokalen Mitarbeiter unmittelbar vor dem „going live“ Termin.

Zudem mußten die bereits dem SSC unterstellten Werke bei der Verringerung der onHold-rate unterstützt werden. Die onHold-rate weist die Anzahl der Rechnungen aus, die nach Rechnungseingang nicht gegen die Bestellung matchen und somit erst nach Korrektur der Bestellung buchungsfähig werden. Diese Rate sorgt für ein erhebliches Backlog bei den zu buchenden Rechnungen, die eine entsprechende Ergebnisverschiebung zur Folge haben und einen gleichlautenden Rückstellungsbedarf auslösen.

Es zeigte sich, dass die Mitarbeiter in der Slowakei bei weitem nicht so umgänglich waren wie die Kollegen aus dem Nachbarland Tschechien. Abgesehen von einem erheblich rauheren Ton hat man sich hier oftmals mit Neid auseinanderzusetzen. Eine stetige Unzufriedenheit mit dem Gehalt unterstrich die ebenfalls im Verhältnis 1:3 stehende Produktivität. Periodisch wiederkehrende Gehaltsforderungen mit entsprechender Fluktuation machten den Umgang dort nicht einfacher.

Bratislava gehört mit einer Arbeitslosenquote von unter 2% zu den teuersten Standorten Osteuropas. Eine Erwartungshaltung von 20% Gehaltserhöhung p.a. sind hier daher die Regel. Die darauf folgende Fluktuation bei Nichterhalt ist daher einer fruchtbaren Zusammenarbeit in der Slowakei eher abträglich. Zwar konnten die Probleme in der Zusammenarbeit mit dem BPO Partner weitgehende beseitigt werden, jedoch ist eine wirkliche Kostenersparnis gegenüber der Bearbeitung individuell je Werk entgegen allen Aussagen Wunschdenken geblieben. Die Qualität der durchgeführten Tätigkeit im SSC wird nie den Standard erreichen, wie er in der Buchhaltung eines deutschen Unternehmens erwartungsgemäß Standard ist. Die Abarbeitung von Abläufen in einem SSC erfordert eine hohe Disziplin bei allen Mitarbeitern und eine ebenso hohe Prozesstreue im gesamten Unternehmen.

Nur ein detailliert abgestimmter Prozess mit maßgenauer Einführung und Fehlerbeseitigung vor Aktivierung eines SSC’s hat überhaupt die Chance, gewünschte Qualitäts- und Termintreue auszulösen. Ressourcen für „Sonderfälle“ innerhalb eines Prozesses sind grundsätzlich vorzuhalten und unabdingbar.

Exakte Prüfung vor Auswahl des Landes für den Standort, in dem der Auftrag zukünftig abgewickelt werden soll, ist von elementarer Bedeutung nicht nur hinsichtlich der Produktivität, sondern im Rahmen der Zusammenarbeit hinsichtlich der charakterlichen Eignung von elementarer Wichtigkeit. Die unterschiedliche Betrachtungsweise von Geben und Nehmen ist bei unterschiedlichen Nationen immer noch allgegenwärtig. Die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Nationen beruht weiterhin auf kongruente Denkweisen und Erwartungshaltungen. Die Durchführung über ein SSC mit qualifizierten Fachkräften ist immer noch bedeutend ökonomischer und macht die Prozess-gestaltung in eigener Landessprache bedeutend effizienter er als jeder Auslandseinsatz.

Eine Betrachtung ausschließlich auf den Kostenaspekt beschränkt reicht nicht aus, um dem gewünschten Kosteneinsparungspotential Rechnung zu tragen.


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Erfahrungsbericht (2) von R.E.

  • Funktion: Werkleiter
  • Dauer des Einsatzes: sechs Monate
  • Ort: bei Bratislava
  • Branche: Automotive

Bei dem Kunden handelte es sich um einen Automobilzulieferer, der über Fertigungsstätten in Europa, USA und China verfügt. Die Produktion in der Slowakei wird vom Standort in Österreich geleitet. Aus Österreich bekam der Interim-Manager den Auftrag, die Ausbringung der Produktion zunächst zu stabilisieren und danach zu erhöhen.

Bei dem Produkt handelte es sich um einen Teil der Innenraumausstattung, die durch unterschiedliche Farben und Formen in etwa 280 Varianten hergestellt wurde. Die Belieferung an VW in Bratislava erfolgte Just in Sequence, was die Herausforderung noch weiter erhöhte.

Der Kunde hat sich für den Einsatz eines Interim-Managers entschieden, weil die erhöhten Abrufe nicht mehr sicher abgedeckt werden konnten und es bereits zum Bandabriss bei Volkswagen gekommen war. Den Engpass in der Produktion stellten große Formpressen dar, die an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden am Tag an ihren Leistungsgrenzen liefen. Auf präventive Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen wurde verzichtet, um keine Fertigungskapazität zu verlieren. Bei den Anlagen drohten dadurch inzwischen erhebliche Schäden und lange Stillstandzeiten.

Zusammen mit dem Kunden und den Verantwortlichen bei VW in Bratislava erarbeitete der Interim-Manager ein Konzept, das sowohl die notwendig gewordenen Reparaturen als auch die nötigen Abrufe berücksichtigte. Das Ziel war, zunächst die Akzeptanz für eine verminderte Ausbringung herzustellen, um dann die Voraussetzungen für einen Hochlauf zu schaffen. Hierfür gab es Unterstützung von allen Seiten. Um die Stillstandzeiten so gering wie möglich zu halten wurde mit dem italienischen Hersteller der Pressen die Reparaturen in zwei Schichten zu organisiert. Hierzu war weitere externe Hilfe und auch Hilfe aus dem eigenen Haus nötig. Die Arbeiten folgten einem strengen Terminplan.

Die Akzeptanz in zwei Schichten von 12 Stunden zu arbeiten bereitete in Slowakei keine Probleme. Firmenleitung und Mitarbeiter zogen an einem Strang. Die Fertigung war auf Wunsch der Mitarbeiter ohnehin von einem 3-Schicht-Modell mit je acht Stunden auf ein 2-Schicht-Modell mit je 12 Stunden geändert worden. Gearbeitet wurden zwei Tage für (von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr), dann zwei Tage spät (von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr), dann gab es vier freie Tage.

Die gute Planung war erfolgreich, alles lief wie ein Uhrwerk ab und die Produktion konnte pünktlich wieder anlaufen, die Ausbringung konnte gesteigert werden.

Bewundernswert war die Ausdauer und der Wille der Mitarbeiter, etwas zu leisten und damit die Möglichkeiten, die der Anschluss an die Europäische Union und die Freiheiten der Markwirtschaft mit sich bringen, für sich zu nutzen.

Viele Mitarbeiter gingen an den vier freien Tagen einer weiteren Beschäftigung nach, um ihre Einkünfte und damit ihren Lebensstandard zu erhöhen. Die Identifikation der Menschen mit ihrem Land ist groß. Obwohl viele Mitarbeiter sehr gut Deutsch sprachen, wurde die Möglichkeit, in Österreich oder Deutschland mehr zu verdienen, kaum genutzt. „Wir wollen unser Land voran bringen“ war ein Satz, den man oft hörte.

Probleme gab es teilweise mit Teilen, die dringend benötigt wurden. Hier gab es häufig noch Nachwehen der Mangelwirtschaft. Stets wurde aber eine pragmatische Lösung des Problems gefunden.

Es ist ratsam, sich auf die Kultur des jeweiligen Landes einzulassen und durchaus bewährte Lösungsmöglichkeiten zu nutzen, auch wenn diese den eigenen Ansprüchen teilweise nicht genügen. An der richtigen Stelle muss man eben auch mal fünf gerade sein lassen. Das kam bei den Mitarbeitern gut an, da es doch zeigte, dass man ihren „alten Pfade“ durchaus wertschätzt. In Kombination mit stringentem Vorgehen an anderer Stelle wird dann was Gutes daraus. Kompromisse in Arbeitssicherheit und Umweltfragen darf es dabei natürlich nicht geben.

Erfahrungsbericht (3) von E.S.

Aufgabe: Aufbau und Ausbau von kaufmännischen Werksstrukturen, insbesondere im Bereich des Produktionscontrollings sowie die Verlagerung von der lokalen Buchhaltung zur Zentralbuchhaltung nach Deutschland

  • Funktion: Kaufmännische Werksleitung
  • Dauer des Einsatzes: 12-Monate
  • Ort: bei Trnava
  • Branche: Automotive

Auf dem lokalen Markt konnte kurzfristig kein kaufmännischer Werkleiter in Festanstellung gefunden werden. Die kaufmännische Transparenz war in diesem Werk verloren gegangen. Die G&V Ergebnisse lagen weit hinter den Erwartungen, und die Notwendigkeit zum Gegensteuern war dem zentralen Management bewußt. Der Interim Manager war kurzfristig verfügbar und konnte vor Ort in der Slowakei das kaufmännische Management sofort übernehmen.

Die kaufmännischen Prozesse wurden hauptsächlich im ERP-System des Unternehmens abgebildet. Im ersten Schritt war es erforderlich die Systemqualität zu überprüfen und die Werteflüsse zu analysieren. Für diese Aufgabe wurden von der Unternehmenszentrale entsprechende IT-Ressourcen vor Ort zur Verfügung gestellt. Für die Überprüfung von Arbeitsplänen und Materialstücklisten wurde ein erfahrener REFA-Fachmann aus einem anderen produzierenden Werk des Unternehmens eingesetzt. Die Kommunikation mit dem zentralen Management erfolgte in der Regel einmal wöchentlich und bedarfsweise teilweise täglich. Die Unterstützung durch den Kunden mit den Fachexperten war ein wichtiger Erfolgsfaktor, damit die erforderlichen Aufgaben gelöst werden konnten.

Die Verwaltungsmitarbeiter in der Slowakei arbeiten üblicherweise 8 Stunden im Schichtsystem, d.h. die Arbeitszeit beginnt häufig ab 06.00 Uhr und endet spätestens um 14.30 Uhr. Anfragen aus der Zentrale in Deutschland konnten nach 14.30 Uhr teilweise nicht sofort bearbeitet werden.

Das Einkommensniveau ist im Vergleich zu Deutschland um Faktor 3-4 geringer. Daher gehen die Mitarbeiter zum großen Teil einer Zweit- oder Drittbeschäftigung nach. Benötige Mehrarbeit muss daher mit den Mitarbeitern rechtzeitig abgestimmt werden. Ein wesentlicher Kostenfaktor ist Bezahlung der Mobilität zur Arbeit in der Slowakei. Teilweise werden für die Spritkosten 25% des Nettoeinkommens ausgegeben.  Die slowakischen Mitarbeiter sind daher gewohnt am Wohnort der Beschäftigung nachzugehen. Fahrten zur Arbeitsstätte von mehr als 30 km gelten häufig als zu weit. Es ist keine Seltenheit, dass Mitarbeiter kündigen, wenn eine Arbeitsalternative näher am Wohnort liegt.

Die Leistungskontrolle der Mitarbeiter ist am besten täglich durchzuführen, da die Leistung bei fehlender regelmäßiger Kontrolle nachlässt. Aufgrund der Historie sind ältere Mitarbeiter gewohnt Anweisungen zu erhalten. Die in Deutschland gewünschte Eigeninitiative bei der Problemlösung kann in der Slowakei oft nicht erwartet werden.

Die Hierarchien sind stark ausgeprägt, d.h. ein Vorgesetzter besitzt einen hohen Stellenwert. Die Anweisungen werden daher ohne Diskussion in der Regel umgesetzt.

Die  Kollegialität besitzt einen wichtigen Stellenwert, was wohl in der Vergangenheit aus dem Kollektiv begründet liegt.

Die lokalen Behörden arbeiten teilweise nicht nach der aktuellen Rechtsprechung, so dass zum Beispiel bei der Eintragung von Prokura der Reisepass verlangt wird und der Personalausweis nicht akzeptiert wurde.

Die nationalen Banken sind am westlichen Standard ausgerichtet, die Kreditvergabe erfolgt nach den üblichen Bewertungsrichtlinien Banken im Westen.

Vor Beginn des Mandats wurden die wichtigsten Erfolgskriterien definiert, z.B. kaufmännische Stabilisierung der Prozesse und Unterstützung bei der Verlagerung der lokalen Buchhaltung nach Deutschland. Die kaufmännische Stabilisierung konnte gemessen werden an der Reduzierung der Fluktuationsrate bei den Mitarbeiter, die Bereitschaft Überstunden zu arbeiten, aktives Mitwirken der kaufmännischen Mitarbeitern bei übergreifenden Werksprojekten, fachliche Ausbildung des Werkscontroller u.v.m..

Die Arbeitsumgebung konnte nicht mit einem Standardunternehmen in Deutschland verglichen werden. Am Standort waren zum großen Teil die Stühle und das Büromobiliar komplett abgenutzt, die Sanitärräume ungepflegt und alles starken Abnutzungserscheinungen ausgesetzt. Die Büroräume waren verhältnismäßig klein und der Besprechungsraum für die Anzahl der teilnehmenden Mitarbeiter oft ungeeignet. Zum Schutz vor Diebstahl wurde die Haupttür zur Verwaltung mit einem speziellen Sicherheitsschloss versehen.

Wenig problematisch waren die fehlenden slowakischen Sprachkenntnisse. Da es sich um eine Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens handelte wurde entweder Deutsch oder Englisch gesprochen. Alle Mitarbeiter im Management beherrschten daher mindestens eine Hauptsprache fließend. Auf Arbeitsebene konnte der Interim-Manager einen slowakischen Mitarbeiter identifizieren, der bei Bedarf bei wenigen Mitarbeitern übersetzte.

Für den Umgang mit Behörden wurde eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einbezogen, die die erforderlichen Unterlagen in der slowakischen Sprache vorbereitet.

Bei Ablauf des Mandats waren die kaufmännischen Strukturen sowie das ERP-System optimiert und die erforderliche Transparenz im Werk hergestellt. Die lokale Buchhaltung wurde bis auf die Vorkontierung der Belege nach Deutschland verlagert.

Der Einsatz in der Slowakei erforderte viel Geduld bei der Durchführung von Veränderungsprozessen. Oft wird das gewünschte Resultat nur durch Kontinuität erzielt. Ein Interim-Manager muss nicht unbedingt fließend slowakisch sprechen, um dort vor Ort tätig zu sein. In der Regel sind die Manager gut ausgebildet und sprechen Deutsch oder Englisch fließend, jedoch ist ein hohes Maß an Integrationsfähigkeit erforderlich. Teilweise ist Pragmatismus wichtiger als Perfektionismus: nicht alles kann mit deutschen Maßstäben gemessen werden.


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Unsere Interim Manager für die Slowakei

Neben absoluten Notwendigkeiten wie zum Beispiel Arbeitserlaubnis, Fahrerlaubnis und Sprache verfügen unsere Interim Manager über die jahrelange Arbeitspraxis in osteuropäischen Ländern, die notwendig ist, um z. B. als Projekt Manager oder Linien-Manager in Osteuropa bestehen zu können.