Interim Management in Tschechien – Erfahrungsberichte

  • Tschechien
  • Erfahrungsbericht (1) von G.R.
  • Aufgabe: Vakanzüberbrückung mit Reorganisation am Standort
  • Funktion: Werkleiter
  • Dauer des Einsatzes: sieben Monate
  • Ort: Pilsen
  • Branche: Kfz-Zulieferer

Ein renommierter Automobilzulieferer für Fahrzeug-Innenausstattungen hatte Probleme im Werk Pilsen (190 Mitarbeiter). Mittels Heißpressen, Komplettieren und Kaschieren wurden Innenverkleidungen für Busse, LKWs und Wohnwagen, etc. hergestellt. Man wollte sich umgehend vom oberen Management vor Ort trennen, da die Ausbringung, Qualität und Organisation in einem desolaten Zustand abzurutschen drohte. Das Werk wurde bisher aus der Ferne gesteuert, wobei das operative Tagesgeschäft vor Ort aus den Augen verloren ging. Gerade in Tschechien ist es jedoch wichtig, die operativen Mikrothemen vor Ort mit dem tschechischen Personal mit verständnisvollem, aber straffen Vorgehen anzugehen. Das gilt insbesondere für die Werksleitung, die in Tschechien eine maßgebende richtungsweisende Funktion einnimmt. Durch den deutschen Auftraggeber bekam der Interim-Manager freie Hand bei seinem Vorgehen und Umsetzungen vor Ort. Unterstützung bekam er nicht – was auch nicht erfolgreich gewesen wäre.

Mit dem deutschen COO, der seit Jahren fast wöchentlich einmal in Pilsen war, hat er die organisatorischen und strategischen Themen abgestimmt, die er dann vor Ort umgesetzt hatte. Der COO sprach kein Tschechisch und war somit immer auf einige deutschsprechende Tschechen angewiesen, die ihm natürlich nicht immer die akuten Themen und Probleme mitgeteilt hatten. Hinzu kommen die unterschiedlichen Kulturen. „Das eine sagen, das andere meinen…“ beschreibt den Tschechen recht gut, der viele Aussagen und Regeln anders interpretiert. Das betrifft nicht nur die Kommunikation mit Deutschen. Auch die Gespräche mit tschechischen Lieferanten und Behörden laufen nach anderen Gesichtspunkten ab. Das ist nur nachvollziehbar, wenn man die Sprache versteht und mehrjährige aktive Erfahrung gesammelt hat.

Hinzu kommt die tschechische Arbeitswelt, die für Westeuropäer gewöhnungsbedürftig ist. So bekommt ein Tscheche die ersten 2 Tage „kein“ Krankengeld, und die weiteren Krankentage nur einen geringen Betrag. Trotz guter fachlicher Qualifikation der Tschechen ist die Auffassung von Regeln, Ordnung und Pünktlichkeit eher lasch. Ändern lassen sich tschechische „Personaleigenschaften“ kaum, aber man muß damit interkulturell umgehen und sie konzeptionell mit einbinden. Bei einigen kritischen Einsätze in Tschechien zuvor wurde der Interim-Manager mit Fluktuationsquoten von 30 bis 50% im Jahr konfrontiert.

Zum Projektabschluß in Pilsen konnte der Interim-Manager einem neuen Werksleiter das Werk in einem entspannten Zustand übergeben, sodass er in einer geordneten Struktur mit eingeleiteten Maßnahmen, neu aufsetzen konnte.

Die Anzahl der deutschen Interim-Manager, die in Tschechien erfolgreich eingesetzt werden können, ist sehr gering. Es gibt zwar Heerscharen deutscher Manager, die in Tschechien mittels Entsende-vertrag für Ihre Stammfirma eingesetzt waren, aber außer ihrem Hotel und der eigenen Firma sehr wenig über die tschechischen Besonderheiten mitbekommen haben. Auf „einige Jahre Tschechien“ in seinem Profil zu verweisen, reicht für einen erfolgversprechenden Einsatz in Tschechien nicht aus.

Ohne tschechische Sprachkenntnisse und mehrjährige Erfahrung in adäquaten Positionen und Branchen in Tschechien stehen deutsche Interim-Manager auf verlorenem Posten.


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